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1. Tag Bremen

19.03.2010

Der Tag begann mit einer Enttäuschung, das Hotelfrühstück war langweilig und es lief, während wir auf Weißbrot mit Belag herumkauten und schlechten Kaffee tranken, Frühstücksfernsehen.
Ich werde mich irgendwann mal durchsetzen und Zimmer ohne Frühstück buchen, eigentlich sind diese immer enttäuschend.

An Vormittag besichtigten wir zuerst das historische Stadtzentrum. Rathaus, Dom, Roland und Stadtmusikanten bildeteten die Anlaufpunkte.
Im Anschluß kam das Paula Moderson Haus dran. Die Kunstsammlung Böttchergasse besuchten wir nicht, das Wetter war zu schön und wir wollten noch etwas auslüften.
Die Architektur der Gasse hatte es uns angetan. Überall gab es Spannendes zu entdecken.


Art Deco in Stein gehauen gibt es selten in Deutschland zu schauen.
Diese Inschrift an einem Haus hat es mir besonders angetan:
"An dieser Stelle des Paula Moderson-Becker-Hauses wurde am 16. Juli 1991 bei Sanierungsarbeiten der Beinknochen des Esels Graukopf gefunden, der sich einst mit Hund, Katze und Hahn auf den Weg nach Bremen machte, um hier ein Stadtmusikant zu werden. Ein ebenfalls freigelegtes Dokument mit den Symbolen der vier wackeren Tiere liefert den endgültigen Beweis, dass die Bremer Stadtmusikanten tatsächlich bis nach Bremen gekommen sind."
Heute ist das Stadtamt Abt.Ordnung und Sicherheit für das Musizieren auf öffentlichen Plätzen zuständig. Damit könnten Stadtmusikanten heute Ärger bekommen.


Nach einem Spaziergang am Fluß strebten wir ins Weserburg Museum. Eine ordentliche Packung moderne Kunst erwarteten wir und wurden nicht enttäuscht.
Am Hintereingang begrüßte uns eine Skulptur eines unbekannten Künstlers, gesponsert von der Recylingfirma Nehlsen.
Ein großes Werk des konkreten Realismus. Wie sagte schon ein großer Dichter: "Tand, Tand ist das Gebild aus Menschenhand."


Neben dem Standardprogramm gibt es hier auf fünf Stockwerken (6000 m²) ständig Sonderausstellungen. Für uns BerlinerInnen befremdlich war, dass wir uns fast alleine im Museum fühlten, das üblich dichtgedrängte Wachpersonal fehlte fast vollständig. Nur ein paar Kameras beobachteten uns gelegentlich.
Dafür waren die wenigen AufpasserInnen recht gut informiert und konnten Auskunft geben.

Unter den Dachschrägen begannen wir den Rundgang. Dort erwartete uns Kybernetisches von Rebecca Horn, einer alten "Bekannten" aus Berlin, die im Jahre 2006 im Martin-Gropius-Bau geehrt wurde.


Dialog der Silberschaukeln polnische Trommler
In der Etage darunter waren Installationen vom Fluxus Künstler Daniel Spoerri gruppiert.

Les Dix Juges

Unschuld

Die dritte Ebene enthielt eine Sonderausstellung mit dem Titel
A.R. Penck – Deutschland“. Seine Bilder gefallen mir nicht sonderlich, interessant war es jedoch mehr über sein bewegtes Leben zu erfahren.
 Italien it alien 1976

 Polnische Reiter 1983

Im zweiten Stockwerk waren "Noble Gäste" beheimatet. Da die Kunsthalle renoviert wird, zeigt sie in der Weserburg einen Teil der sonst dort gezeigten Kunst. Die Tiergruppe unten dürfte bekannt sein, auch wenn sie Maurizio Cattelan verfremdet hat ;-)


Love Saves Life, 1995
Love Lasts Forever,1999

Dann etwas aus der Abteilung Malerei und Fotografie. Die Bilder hingen friedlich nebeneinander.

Zuerst von Caspar David Friedrich das "Grab des Arminius" von 1814.
Da dem Künstler das Orginal zu langweilig erschien, manipulierte er noch ein paar Felsen aus der Umgebung hinein.

Das Foto von Hiroyuki Masuyama "Felsental" 2007 wirkt auf den ersten Blick, als ob es als Vorlage für den Maler diente. Masuyama schuf eine Serie von nachgemachten Bildern, die eine Hommage an C. D. Friedrich darstellen.


Auf dem Weg nach unten schauten wir durch das Bullauge von Norbert Radermacher. Der hinterlässt gerne Irritationen im öffentlichen Raum. Das Loch in der Wand wurde mühsam heraus gebohrt, damit man/frau einen Blick auf Bremen riskieren kann.


Beim Abstieg ließen wir uns noch ins Labor zu den jungen KünstlerInnen locken. Es wurden Ersatzgeräte für Joysticks der besonderen Art angeboten, um sich mit Gegnern zu messen. Dora und ich erhielten einen Toaster in die Hand gedrückt. Die Aufgabe bestand darin virtuelle Toastscheiben so geschickt los zu schießen, dass damit auf dem virtuellen Tisch befindliche virtuelle Gegenstände getroffen wurden.
Wir fanden dies recht orginell.


In ersten Stock erreichten wir endlich die Ausstellung "Who killed the Painting?". Hier wurde viel Spannendes aus der Sammlung Block geboten.

Aino Kannisto, women in water, 2003
Sigmar Polke, Kartoffelhaus, 1969

Maaria Wirkkala, Found on mental connection II, 2002

Voll mit tollen Eindrücken verliessen wir die Weserburg, überquerten den Fluß in Richtung Altstadt, nicht ohne ein letztes Foto vom Haus zu schießen und danach ein Abendessen im Restaurant einzunehmen.
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Freundin J., Studentin an der Fachhochschule Ottersberg in der Ausbldung zur Kunsttherapeutin, hatte uns für den Abend in das kleine Nest bei Bremen eingeladen. In ihrer Schule wurden die Absolventen mit einer Feier verabschiedet.
Der Weg dort hin war allerdings beschwerlich. Zum Bahnhof Ottersberg fahren Bus und Bahn, doch von dort sind es noch dreißig Minuten Fußmarsch über Felder. Irgendein bekloppter Politiker hat die Busverbindung dorthin abgewickelt.
Da außerdem der örtliche Taxibetrieb aufgegeben hat, standen wir ein wenig blöd am Bahnhof rum. Zum Glück fanden wir eine junge Frau, die uns im Auto mitnahm.
Die Festansprache wurde schon gehalten, als wir ankamen. Danach besichtigten wir die Semester Abschlußarbeit von J.
Dora und ich waren begeistert, doch urteilt selbst.


Judith Lenhardt, Androgyn, Kaninchendraht, 2010