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Stadt der Hunde

14.09.2011

Weshalb nenne ich Venedig Hundestadt? Schon am ersten Abend bemerkte ich, dass fast jeder Einheimische einen Hund ausführte. Am nächsten Morgen waren neben einigen Touristen fast wieder nur HundeführerInnen unterwegs.

Bei ca. 60.000  Einwohnern und ca. 10.000 Hunden ist das kein Wunder.
Eigentlich hatte ich am Abend zuvor erwartet, dass einige Katzen um unsere Beine streichen, um auszutesten, ob wir ein Herz für sie haben.
Die Miezies fehlten mir, denn Katzen stinken nicht und scheißen selten die Gehwege voll.
Aber die HundbesitzerInnen aus Venedig sind wenigstens sehr viel besser erzogen als die BerlinerInnen. Die Meisten beseitigen die Hinterlassenschaften ihrer Dackel immer, zumindestens so weit, wie wir dies beobachten konnten. Aber die Strafen sind mit 250 Euro auch erheblich drastischer als bei uns.
Leider "entsorgten" viele die Kacke in den Kanälen.

Am Anfang des touristischen Ausflugs stand eine Fahrt durch den Cana Grande. Dazu bestiegen wir an der Station Arsenale ein Vaporetto der Linie 1. An der Haupt-Wasserstrasse durch Venedig, die sich wie ein S durch die Stadt schlängelt, stehen prächtige Paläste.

Die reichen Kaufleute aus dem goldenen Zeitalter der Stadt ließen sie bauen. Dabei war der Haupteingang am Wasser.
Auf den Uferwegen drängeln sich heute TouristInnen und am Kai liegen neben Gondeln Versorgungschiffe, die unter Anderem Waren anliefern.
Wir stiegen an der Station Riva di Biasio aus, denn Augenstern wollte mich in die laut Reiseführer beste Eisdiele Venedigs, Alaska, einladen.
Leider bot sie durchschnittliches Wassereis. Da hat das Vanille und Marille in Steglitz erheblich Besseres zu bieten.
Unser eigentliches Ziel war jedoch das Quartier Cannareggio, es hat seinen Namen von Schilf (Canna) d.h, es war ursprünglich Sumpfland. Hier verirren sich selten Touristen hin. Nördlich wird der Bezirk von der Lagune begrenzt. Dort sahen wir diese Tankstelle für Boote.

An einem der Kanäle entdeckte ich eine Bar, die günstig Spritz (2 Euro) anbot, und so ließ ich mich dazu hinreißen zwei Teller mit Kleinigkeiten zu bestellen, ohne nach dem Preis zu fragen.
Die Strafe waren 26 Euro, die ich anschließend bezahlen durfte.

Der Essenspreis in der Osteria Bea Vita ist der Negativtipp dieser Reise. Unbedingt vorher genau fragen, was es kostet. Trotzdem ist der Platz bei gutem Wetter bezaubernd, wenn die Tische draußen frei sind. Aber Venedig ohne Nepp ist nicht Venedig und so verflog unser Ärger schnell.

Im Anschluss erkundeten wir weiter den Stadtteil. Der scheint niedriger zu liegen als der unserer Wohnung. Hier war bei vielen Häusern ein Schutz vor Überschwemmung an der Tür montiert. Hochwasser (Aqua Alta) tritt jedoch eher im Herbst oder Frühjahr auf.

Dieser Teil Venedigs wirkt sehr malerisch und wenig überlaufen.
Wir überquerten so manche kleine "romantische" Brücke.
Hier fand Augenstern viele ihrer beliebten künstlerischen Fotomotive.
Ich jedoch knipse eher dokumentarisch für den Block.

Manchmal geht aber auch mit mir der kleine Fotokünstler durch. An diesem Motiv konnte ich nicht vorbeigehen. Die Schornsteine erinnerten mich an eine Fotoserie von Andre Kertesz, aus New York, da musste auch ich mich beweisen. Mal sehen, wer von uns zuerst im Museum hängt?!

Als nächstes steuerten wir das jüdische Viertel im Quartier an. Der Begriff Ghetto soll hier geprägt worden sein. Auch heute leben hier Menschen jüdischen Glaubens.
Juden, die im Mittelalter aus anderen christlichen Städten verjagt wurden, fanden in Venedig Zuflucht.

Bei den venezianischen Kaufleuten galt der Grundsatz, mit wem ich Handel treibe, den toleriere ich. In anderen Norditalienischen Städten fanden Pogrome statt, hier nicht. So lebten Juden hier in Frieden, bis die Eltern meiner Mutter sie ab 1943 ins Gas schickten.

Auf den Gedenktafeln oben sind die Orte der Vernichtungslager und die Anzahl der Ermordeten dokumentiert.
Ganz in der Nähe entdeckten wir den Platz der Deutschen (Tedeschi). Hier betrieben die deutschen Händler ihre Kontore, von hier starteten ihre Transporte über die Alpen.

Auf dem Weg nach Hause sahen wir diese schlafenden Illegalen. Sonst verkaufen sie meist Nachgemachtes von Gucci und Co. So versuchen sie die Passage nach Europa abzubezahlen. Oft verlangt die Polizei auch noch Schutzgeld. Sie stehen ganz unten auf der sozialen Leiter.